Das Donauweibchen

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Donauweibchenbrunnen im Stadtpark in Wien - GuentherZ commons.wikimedia.org, CC BY 3.0




Kurz nach Passau ist stromabwärts am Donauufer diese Nixenskulptur zu finden. - Luc.T www.flickr.com, CC BY 2.0




Das Donauweibchen als Wandbild am Haus Sebastian Kneipp-Gasse 14 im 2. Bezirk in Wien - kellerabteil www.flickr.com, CC BY-NC 2.0




Das Donauweibchen als Graffiti am Donaukanal - Dorte www.flickr.com, CC BY-NC-ND 2.0

Als Wien noch klein und von Mauern umgeben war, floss die Donau in vielen Armen zwischen Auwäldern dahin. Im Winter trieben oft mächtige Eisschollen auf dem Strom.

In manchen Frühjahren traten die Wasser über die Ufer und überfluteten die Auen. Dann flüchteten die Fischer aus ihren Hütten in die Stadt. Kaum sank aber das Wasser wieder, so wanderten sie an den Strom zurück. Sie kehrten den Schlamm aus den Stuben, suchten ihre Netze und Boote und gingen von neuem ihrer schweren Arbeit nach.

Einst lebte in einer der Hütten ein alter Fischer mit seinem Sohn. Der Alte kannte die Plätze, wo die schönsten Fische zu fangen waren. In seinem Strohsack hatte er einen prallen Beutel mit Goldgulden versteckt, die er mit seinen Fischen auf dem Markt in der Stadt verdient hatte. Man erzählte von ihm, dass er als junger Bursche einen riesigen Fisch mit silbernen Schuppen und einem goldenen Krönlein gefangen habe.

Als dem Alten dieses Gerücht zu Ohren kam, lachte er und stritt ab, je einen solchen Fisch gesehen zu haben. Der Sohn war trotz seiner Jugend schon ein so guter Fischer wie sein Vater. Er ging aber gar nicht gerne in die Stadt und auf den Markt. Viel lieber saß er in seinem Boot und hörte dem Rauschen der Wellen zu. Er sah gerne wie die Baumkronen sich im Winde wiegten und freute sich an dem Gesang der Vögel und an der Farbe und dem Duft der Blumen.

An einem kalten Winterabend saßen Vater und Sohn in der Hütte beisammen. Ein kleines Feuer flackerte auf dem Herd. In diesem spärlichen Licht flickten die beiden ihre Netze und sprachen vom kommenden Frühling.

Plötzlich war es, als risse der Wind die Tür auf. Es wurde taghell in der Stube, und vor den beiden Männern stand ein liebliches, weißgekleidetes Mädchen mit Wasserrosen im Haar.

Die Fischer erschraken. Aber das Mädchen sprach mit zarter Stimme, die wie das Rieseln des Wassers klang: "Fürchtet euch nicht! Ich bin euch gut gesinnt. Deshalb will ich euch warnen. Schon morgen schmilzt das Eis, der Strom wird überfließen und diese Hütte hier überschwemmen. Flieht, so rasch ihr könnt!"

Ehe die beiden Fischer ein Wort erwidern konnten, war es wieder dunkel im Raum. Der junge Fischer sprang hin, um dem Mädchen noch einen Dank nachzurufen, aber auch draußen konnte er es nicht mehr erblicken.

Unverzüglich verständigten die beiden ihre Kameraden in den umliegenden Hütten. Im frühesten Morgengrauen verließen alle Fischer die Gegend und zogen in die Stadt.

Und es geschah, wie das Mädchen es vorausgesagt hatte. Das Eis zerging im warmen Wind. Schon in der nächsten Nacht stieg das Wasser und begann die Auen zu überfluten. Es drang in die Fischerhütten ein und nahm mit, was die Bewohner an Hausrat zurückgelassen hatten. Aber Menschenleben war keines zu beklagen, denn alle Bewohner hatten sich rechtzeitig in Sicherheit gebracht.

Nach einigen Tagen sank das Wasser wieder. Die Fischer kamen zurück, säuberten ihre Wohnungen, und bald verrieten nur noch die hellen Streifen an den Baumstämmen, wie hoch das Wasser gestanden war.

Es gab viel Arbeit, und die Fischer dachten nicht mehr an die Nixe. Bloß die Kinder spielten manchmal "Donauweibchen", steckten sich Blumen ins Haar und sagten: "Fürchtet euch nicht! Ich bin euch gut gesinnt!"

Der junge Fischer freilich konnte die Nixe nicht vergessen. Tag und Nacht sah er das zarte Gesicht und das schwarze Haar mit den Seerosen vor sich. War er daheim, so schaute das Donauweibchen zum Fenster herein. Ging er durch die Au, so erschien sie ihm zwischen den Bäumen. Saß er in seinem Boot, so tanzte sie zwischen den Wellen empor. Und die liebliche Stimme sprach: "Fürchte dich nicht!" Aber im nächsten Augenblick war die Erscheinung gleich wieder verschwunden.

Der junge Fischer wurde immer trauriger und verstörter, und eines Tages sah der Vater das Boot herrenlos auf dem Wasser treiben.

Er ruderte hin und befand sich auf dem klarsten Wasser, das er je gesehen hatte. Unter sich erblickte er in einem Garten ein herrliches Schloss mit Marmortreppen. Und zwischen den Bäumen wanderten der junge Fischer und die Nixe Hand in Hand dahin.

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